Akute psychiatrische Krise

Im Akutfall rufen Sie die Rettung: 144!
oder den Psychosozialen Krisendienst unter der (Gratis-)Nummer: 0800 400 120 an!

In den meisten Fällen überweisen HausärztInnen oder niedergelassene PsychiaterInnen die PatientInnen in eine Psychiatrie oder psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses. Die Aufnahme erfolgt in den meisten Fällen mit Zustimmung der PatientInnen.
Eine Einweisung gegen den Willen der der PatientInnen ist nur möglich, wenn eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt. Hier gilt das Unterbringungsgesetz. 
Zwangsmaßnahmen stören das Vertrauen zu den Angehörigen. Dennoch müssen Angehörige oder Freunde bei Gefährdungen oder Selbstmordabsichten handeln.

Was tun?
  • Rufen Sie die Notärztin/den Notarzt oder die Rettung (144)! Schildern Sie die Problematik!
    Falls PatientInnen eine Einweisung verweigern, muss die Fachkraft die Polizei zur Hilfe rufen! 
  • Besteht akute Gefahr (Selbstmorddrohungen, Morddrohungen oder Gewalt), rufen Sie selbst sofort die Polizei! 
  • Versuchen Sie, bis die Hilfe vor Ort ist, mit den Betroffenen in Kontakt zu bleiben.
    Personen, die nicht hilfreich sind oder sein können, sollen weggehen!
Vgl. Dr. med. Arne Schäffler (Hrsg.), Gisela Finke in: "Gesundheit heute", Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014), in: apotheken.de, 20.4.2021, 
url: https://www.apotheken.de/krankheiten/hintergrundwissen/10562-einweisung-und-aufenthalt-in-psychiatrische-kliniken, Abruf 21.4.2021 

Das Unterbringungsgesetz (UbG)   
"Das Unterbringungsgesetz gilt seit 1991. Es regelt den zwangsweisen Aufenthalt von psychisch erkrankten Menschen an einer psychiatrischen Abteilung."
Unterbringung bedeutet, dass PatientInnen die psychiatrische Abteilung nicht bzw. nur mit ärztlicher Zustimmung verlassen darf. 
(Quelle: "Patientenanwaltschaft: Unterbringungsgesetz", in: vertretungsnetz.at, 2021, url: https://vertretungsnetz.at/home, Abruf: 7.5.2021)

Ein Mensch darf nur dann untergebracht werden, wenn drei Voraussetzungen vorliegen:
  • Die Person ist psychisch erkrankt
  • Es besteht eine ernstliche und erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit der/des Erkrankten oder anderer Personen
  • Andere Behandlungs- oder Betreuungsmöglichkeiten, z.B. durch Angehörige, ambulante Dienste oder niedergelassene PsychiaterInnen kommen nicht in Frage

Aufnahmeuntersuchung
Eine Person darf nur dann an einer psychiatrischen Abteilung untergebracht werden, wenn sie zuvor vor FachärztInnen untersucht wurde und in einer ärztlichen Bescheinigung festgestellt wurde, dass die drei Voraussetzungen für eine Unterbringung vorliegen. Bei der Aufnahmeuntersuchung in der Klinik wird entschieden, ob die Person untergebracht wird oder nicht. Basis für die Entscheidung ist ein fachärztliches Zeugnis.

Gerichtliche Überprüfung
Jede "Unterbringung ohne Verlangen" muss sofort an das zuständige Bezirksgericht und an die PatientInnenanwaltschaft gemeldet werden. Die PatientInnenanwältin oder der PatientInnenanwalt nimmt Kontakt mit der oder den Betroffenen auf. Das Gericht überprüft, ob die Unterbringung rechtmäßig ist. Spätestens vier Tage, nachdem das Gericht informiert wurde, gibt es eine erste Anhörung. 
Es nehmen auf jeden Fall teil:
  • die PatientInnen
  • die zuständige PatientInnenanwältin oder der PatientInnenanwalt
  • die RichterInnen
  • ezustädnige ÄrztInnen
  • evtl.  zugezogene Sachverständige

Die zuständigen RichterInnen erklären die Unterbringung entweder für unzulässig- in dem Fall entscheiden die PatientInnen  selbst, ob sie noch weiter auf einer psychiatrischen Station in Behandlung bleiben möchten, oder entlassen werden. 
Wenn die Unterbringung für zulässig erklärt wird, findet innerhalb von 14 Tagen eine mündliche Verhandlung statt. Davor wird eine zweite ärztliche Meinung von, vom Gericht bestellten Sachverständigen eingeholt. In der Verhandlung wird dann erneut über die Unterbringung entschieden. 
Solange die Unterbringung aufrecht bleibt, finden immer wieder solche gerichtlichen Überprüfungsverhandlungen statt. Die Termine dafür sind zum Teil im Gesetz vorgegeben, zum Teil werden sie vom Gericht festgelegt.

Weitere Beschränkungen während der Unterbringung
Zwangsweise untergebracht zu sein, heißt in der Regel, dass die Bewegungsfreiheit auf mehrere Räume oder einen räumlichen Bereich (Station) eingeschränkt wird. 
Weitere Zwangsmaßnahmen (Angurten, Festhalten, versperrte Zimmertüren) müssen ärztlich angeordnet, dokumentiert und begründet werden. Das gilt auch für das Recht auf Kontakt mit der Außenwelt (Telefonieren, Besuche empfangen). 
Solche beschränkenden Maßnahmen muss die Abteilung der PatientInnenanwaltschaft melden. PatientInnen haben das Recht, diese Beschränkungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Dabei werden sie von der der PatientInnenanwaltschaft unterstützt.
Werden andere Rechte eingeschränkt (z.B. der Ausgang ins Freie, das Recht auf Tragen von Privatkleidung, das Recht, über die Medikation selbst zu entscheiden), dann kann ebenfalls beantragt werden, dass das Gericht diese Maßnahmen auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft.

Ärztliche Heilbehandlung während der Unterbringung
Entscheidungsfähige PatientInnen entscheiden selbst, ob sie Heilbehandlungen annehmen (z.B. oral eingenommene Medikamente). Sind PatientInnen nicht entscheidungsfähig, entscheidet gesetzliche VertreterInen über die Durchführung der Behandlung. Soll eine "besondere Heilbehandlung" (z.B. Operationen, Elektrokrampftherapie, Punktationen des Rückenmarks, Depotmedikamente) vorgenommen werden, hat  das Gericht zu entscheiden, ob die Behandlung durchgeführt wird.

Wenn PatientInnen nicht entscheidungsfähig sind und keine gesetzliche Vertretung bestellt ist, entscheidet bei "besonderen Heilbehandlungen" das Gericht, bei "einfachen Heilbehandlungen" können PatientInnen auch gegen oder  ihren Willen behandelt werden. In diesem Fall kann die Behandlung im Nachhinein vom Gericht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden.

Bei "Gefahr in Verzug", also wenn ohne die sofortige Behandlung eine schwere Gesundheitsschädigung oder starke Schmerzen entstehen würden, müssen die ÄrztInnen sofort handeln, und dürfen nicht zuwarten, bis VertreterInnen, bzw. das Gericht entschieden hat. 

Auch in diesem Fall gilt, dass entscheidungsfähige Personen immer selbst entscheiden. Eine zuvor erstellte Patientenverfügung gilt selbstverständlich auch dann, wenn die betroffene Person auf einer psychiatrischen Abteilung behandelt werden soll."

Vgl. Bundesgesetz vom 1. März 1990 über die Unterbringung psychisch Kranker in Krankenanstalten (Unterbringungsgesetz - UbG)
BGBl. Nr. 155/1990, Novelle: BGBl. I Nr. 12/1997, BGBl. I Nr. 18/2010, BGBl. 59/2017, BGBl. 131/2017